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Untertasse mit Darstellung "Die Gänse des Bruder Philipp" (nach Lancret)

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P O Die Untertasse hat einen Standring mit eingetieftem Boden, die Wandung ist hochgezogen hat und einen leicht ausgezogenen Rand. Die Untertasse hat keine Marke. Die Bemalung ist mit Schwarz als Grisaille angelegt, wobei die Konturen gezeichnet und diese dann mit verschiedenen Schraffuren ausgefüllt sind. Köpfe, Hände und Beine der Figuren sind mit Eisenrot gemalt, um das natürlich Inkarnat darzustellen. Eine am Rand der Untertasse gezogene Linie rahmt die Komposition ein. Vor einer Architekturkulisse rechts stehen ein alter Mann im Mönchsgewand und vor ihm ein junger Mann. Letzterer weist mit einladender Geste auf zwei links stehende vornehme Frauen. Hinter den Frauen steht ein Junge, der einen Schirm hält. Zwischen den beiden Figurengruppen ist ein Hund dargestellt. Die Szene auf der Untertasse gibt seitenrichtig das Motiv des um 1736 entstandenen Gemäldes des französischen Rokokomalers Nicolas Lancret (1690-1743) „Die Gänse des Bruder Philipp“ (Metropolitan Museum New York, Inv.-Nr. 2004.86) wieder. Das Gemälde wurde zeitnah in Paris vom Stecher und Verleger Nicolas de Larmessin (1684-1755) als Kupferstich reproduziert. Dieser gibt die Komposition seitenverkehrt wieder (ein Exemplar im Herzog Anton Ulrich Museum Braunschweig, Inv.-Nr. NdLarmessin jIV AB 3.30). Nicolas Lancrets Gemälde folgt der gleichnamigen Erzählung „Les Oies de Frère Philippe" von Jean de La Fontaine (1621-1695), die 1671 im dritten Teil der „Contes Et Nouvelles En Vers“ veröffentlicht wurde. La Fontaine wiederum übernahm das Motiv der in der Mitte des 14. Jahrhunderts geschriebenen Novellensammlung „Das Decamerone“ von Giovanni Boccaccio (1313-1374). Dort ist in der Einleitung zum vierten Tag die Geschichte des Witwers Filippo Balducci und seines Sohnes beschrieben. Boccaccio und La Fontaine schildern die Geschichte eines Mannes namens Philipp. Als seine Frau stirbt, schmerzt ihn der Verlust so sehr, dass er mit seinem kleinen Sohn in die Einsamkeit flieht. Als Eremit will er das Kind vor dem Leid bewahren, das er selbst erlebt. Im Laufe der Jahre verlässt Philipp die Einsamkeit nur gelegentlich, um lebensnotwendige Dinge zu besorgen. Als der Junge erwachsen ist, überredet er seinen Vater, ihn in die Stadt begleiten zu dürfen. Dabei treffen die beiden auf junge, schöne Frauen in herrlichen Kleidern. Diese versetzen den Sohn in höchste Ekstase. Unwissend fragt er den Vater, was das sei. Dieser weiß sich nicht anders zu helfen, als die Frauen als schlechte Dinge, als Gänse zu bezeichnen. Die Untertasse wurde in China als für den europäischen Markt bestimmte Exportware produziert. Als Vorlage diente wohl die Reproduktionsgraphik. Die Figuren auf dem Koppchen haben asiatische Gesichtszüge. Dies gilt auch für den hinter den Frauen dargestellten Jungen mit dem Schirm. Lancret hatte diesen als Afrikaner gemalt und damit einen der vielen aus den Kolonien Verschleppten, die versklavt wurden und als „Hofmohren“ an den europäischen Höfen dienen mussten, dargestellt. Das zur Untertasse gehörige Koppchen im Badischen Landesmuseum (Inv.-Nr. V 19496 a) gibt die gleiche Szene wieder, ist aber von anderer Hand gemalt. Eine farbige Umsetzung des Motivs zeigt ein um 1745 datierter Teller im Metropolitan Museum New York (Inv.-Nr. 2016.114). Literatur: unpubliziert Nachweis der Vergleichsstücke: https://www.metmuseum.org/art/collection/ (Gemälde Lancret und Teller im Metropolitan Museum New York). - http://kk.haum-bs.de/?id=larmessin-n-d-iv-ab3-0030 (Graphik im Herzog Anton Ulrich Museum Braunschweig).
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