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Schüssel der Gattung »Berber-Keramik« aus Sejnane

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P O Die Schüssel, eine sogenannte »degra«, ist ein klassisches Knickwandgefäß, das in der Mitte der Wandung zum Boden und zur Lippe abknickt. Sie weist eine hohe, leicht konkav geschwungene Wandung und eine ausgezogene Lippe auf. Die charakteristischen Brandflecken gehen auf die Feldbrandtechnik zurück. Die Schüssel gehört zur Gattung der Aufbaukeramik. Sie ist mit einer beigefarbenen Engobe (Tonmineralmasse) überzogen. Zarte Linien und ein asymmetrischer geometrisch geradliniger Dekor in rotbrauner und schwarzer, durch Mastixsaft gewonnener Farbgebung schmücken die äußere Wandung. Der Schüsselrand und der Umbruch sind durch Bemalung akzentuiert. Im Inneren ist ein stilisierter, doppelköpfiger Fisch im Spiegel wiedergegeben. Bei der sogenannten »Berberkeramik« handelt es sich um eine Aufbaukeramik ohne Verwendung einer Drehscheibe, die in der Regel mit Naturfarben bemalt und auf dem Feld mit Kuhdung gebrannt wird. Die Wurzeln dieser Keramik reichen bis zu den Anfängen der keramischen Produktion im anatolisch-syrischen Raum im 8./7. Jahrtausend v. Chr. zurück. Auch die charakteristischen Verzierungen wie geometrische Dekore mit Rauten, Dreiecken, Strich- und Punktdekorationen sowie Tierdarstellungen weisen auf ein altes Musterrepertoire. Die abstrahierten und stilisierten Motive besitzen eine symbolische Bedeutung im Sinne einer animistischen Weltdeutung: gute und böse Geister (»dschinns«) zu bannen, Glück (»baraka«) zu beschwören, sich Tiere untertan zu machen. Heute noch sind es ausschließlich Frauen, die diese Keramik für den alltäglichen Bedarf auf vielen Gehöften der verteilten Streusiedlung um Sejnane bis über die algerische Grenze hinaus nach Jahrtausende alter Tradition herstellen. Zunehmend jedoch wird das Geschirr für den Verkauf produziert und am Rande der kaum befahrenen Durchgangsstraße von Mateur nach Tabarka an Ständen feilgeboten. Die nordtunesische Töpferin und Voreigentümerin Sabiha Ayari stammt aus Sejnane. Sie ist die einzige Besitzerin eines Ladens vor Ort. Hier verkauft sie auch alte, angekaufte Stücke wie diese Schüssel an vorbeifahrende Touristen. Literatur: Erbe von Jahrtausenden. Berberkeramik von Frauen aus Nordtunesien / Au Pays d’une Tradition millénaire. La Poterie modelée des Femmes de Sejnane (= Ausstellungskatalog Badisches Landesmuseum, Museum beim Markt 2005), hrsg. vom Badischen Landesmuseum, Karlsruhe 2005; Margaret Courtney-Clarke, Geraldine Brooks, Die Berberfrauen. Kunst und Kultur in Nordafrika, dt. Ausgabe Frederking & Thaler, München 1979, S. 124.
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