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"Zwei Musikantinnen" (Seriennummer: 3491)
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"Zwei Musikantinnen" (Seriennummer: 3491)
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Zwischenkriegszeit
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Art Déco
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Zwei Musikanten. Zwei nebeneinander sitzende Mädchen. Gitarrenspieler auf Quader und daneben sitzender Beckenspieler. Lange blau-weiß karierte Hosen, kurzes orangenes Wams über beigem, blau gepunktetem Wams. Gesichter unglasiert. Eine besondere Erwähnung verdient ein unverkennbarer Frauentyp, den Ilse Hohenreuther in ihren freistehenden Kleinplastiken schuf. Es handelte sich um Mädchenfiguren, bei denen es nicht um eine naturalistische Widergabe mit korrekt geformten Körpern ging, sondern um eine moderne, abstrahierende Gestaltungsprache. Köpfe und Hälse sind überproportional groß. Die Vereinfachung der menschlichen Figur äußert sich vor allem in den aus Röhren bestehenden Beinen, die abrupt enden, wobei die Röhrenenden nicht kaschiert werden, sondern offen zur Schau gestellt sind. Der sichtbare unbehandelte Scherben im Bereich der Gesichter, Beine und Hände verleiht den Figuren zusätzlich eine moderne Note. Darüber hinaus verzichtete Hohenreuther auf personifizierende Gesichtsmerkmale: Alle Gesichter weisen linienartig angedeutete Münder und Schlitzaugen auf. Haare kommen nur rudimentär vor, so dass die Figuren beinahe glatzköpfig erscheinen. Diese vereinfachte Durchformung der Figuren hatte neben der modernen Gestaltung einen weiteren, durchaus pragmatischen Grund - nämlich die Anpassung an die serielle Herstellung. Die dargestellten Mädchen sind stets flott, munter und blicken herausfordernd in die Welt. Einige Frauenfiguren haben einen androgynen Charakter und tragen Hosen, was zum damaligen Zeitpunkt für Frauen noch tabu war. Während Frauenhosen für sportliche Aktivitäten oder für die Ausübung bestimmter Berufe gesellschaftlich akzeptiert waren, galten Hosen in anderen Kontexten als ein provokantes Kleidungsstück und als sichtbares Zeichen der Emanzipation. Der Rockzwang hielt sich beinahe bis in die 1970er Jahre und erst die Flower-Power-Bewegung setzte neue Maßstäbe für Frauenkleidung durch. Die zur Schau gestellte moderne Weiblichkeit und die emanzipierte Haltung waren für Ilse Hohenreuther eine bewusst angestrebte Botschaft. Man muss dabei unweigerlich an die Äußerung eines zeitgenössischen Keramikkritikers denken, der in Bezug auf Karlsruher Erzeugnisse treffend feststellte: „die in Form gebrachte Lebensart einer Zeit.“ Es scheint, dass die Künstlerin einen großen Teil ihrer produzierter Stücke selbst formte und dekorierte. Dies illustriert anschaulich der Vergleich von Plastiken unter dem Titel „Zwei Musikantinnen“ (M 1808a und M 1808b): Die Gesamtidee ist dabei stets die gleiche, aber die Formen sowie die angarnierten Teile variieren leicht. So gibt es Unterschiede in der Körperhaltung, der Position der Köpfe und der Größe des Sockels. Besonders auffällig ist die unterschiedliche Gestaltung von Münder, Augen und Haare. Ebenso weist die Ausführung der Bemalung Abweichungen auf. Bei den uranglasierten Blusen, die als Laufglasur konzipiert sind, verlaufen die Laufnasen in variabler Stärke und Länge. Die Instrumente haben abweichende Farbgebungen. Und schließlich sind die karierten Muster der Hosen spontan mit einem großzügigen Gestus aufgetragen, wodurch die Linienverläufe deutlich abweichen. Solche Plastiken wurden als „Originalausführungen“ verkauft, so dass man letztendlich einen Unikat erwarb. Literatur: Joanna Flawia Figiel: Tonangebend. Starke Frauen und ihre Kunst 1918-1945, Karlsruhe 2023, S. 89-97 Arthur Mehlstäubler: Ilse Hohenreuther (ver. Köhler) - ein kleines aber reizvolles Werk für die Majolika-Manufaktur Karlsruhe, in: Keramos, Oktober 2001, Heft 174, Seite 125-135 - Monika Bachmayer: Karlsruher Majolika. Die Großherzogliche Majolika-Manufaktur 1901-1927. Die Staatliche Majolika-Manufaktur 1927-1978, Ausstellungskatalog Badisches Landesmuseum Karlsruhe, Karlsruhe 1979 - Monika Bachmayer, Peter Schmitt: Karlsruher Majolika 1901-2001, 100 Jahre Keramik des 20. Jahrhunderts, Karlsruhe 2001 - Joanna Flawia Figiel, Peter Schmitt: Karlsruher Majolika, Führer durch das Museum in der Majolika, Zweigmuseum
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