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Kuckucksuhr »Brutkasten« von Via Lewandowski

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P O Die Schwarzwälder Kuckucksuhr besitzt einen Gewichtsaufzug, einen Vorderpendel und ein Uhrwerk. Das Uhrgehäuse ist aus dunkel gebeizter Tanne (oder Nussbaum). Es ist mit einem fütternden, sich bewegenden Kuckuckspaar und einem auffliegenden Kuckuck auf dem Giebel zwischen bemaltem Blätterwerk geschmückt. Die klassisch-traditionell wirkende Kuckucksuhr wurde von dem Berliner Künstler Via Lewandowski (geb. 1963) umfunktioniert. Aus der Klappe erscheint zur halben und vollen Stunde anstelle eines Kuckucks ein kleiner Lautsprecher aus Kunststoff, der mithilfe von Audiotechnik wie ein Muezzin den Gläubigen zum Gebet (»Azān«) ruft. In den Uhrmacherwerkstätten des Hochschwarzwaldes zwischen St. Georgen und Neustadt wurden seit Mitte des 18. Jahrhunderts die Wanduhren zunehmend mit einem kleinen Figurenautomaten versehen, der die Zeitangabe akustisch signifikant unterstützte. Im Bogenschild der Uhr erschien aus einem Türchen heraus zur vollen Stunde die flügelschlagende Figur des Kuckucks, mit deren Bewegung zwei Pfeifen synchronisiert waren, die den Ruf des scheuen Waldvogels imitierten. Die Kuckucksuhr wurde so populär, dass sie auch in Zeiten der industrialisierten Uhrenproduktion das in der Außenwirkung markanteste Produkt der Schwarzwälder Uhrmacher war. Die Kuckucksuhr wurde Leitprodukt eines ganzen Gewerbezweigs und verband dabei mehrerlei Motive miteinander: Den Charme traditionellen Handwerks, den Zauber des »schwarzen Waldes« als Herkunftsregion sowie die für populäre Glaubenswelten stehende Sicht des Kuckucks als prophetisches Wesen. In vielen mitteleuropäischen Kulturen galt der Kuckuck als Schicksalstier, das dem, der ihn hörte, mit der Zahl seiner Rufe die Menge der noch verbleibenden Lebensjahre kündete. Der Prototyp der hier vorliegenden und in dieser Gestalt seit Mitte des 19. Jahrhunderts hergestellten Kuckucksuhr wurde vom Karlsruher Ingenieur Friedrich Eisenlohr (1805-1854) für die Staatliche Uhrmachereischule in Furtwangen entworfen und lehnte sich an die markante Form der Bahnwärterhäuschen der badischen Staatseisenbahn an. Nur entfernt erinnert das Uhrengehäuse an einen »Brutkasten«, in dem der wilde Kuckuck auch nicht zu brüten pflegte. In Unkenntnis des wirtschaftsgeschichtlichen Kontextes jedoch ist diese Brutstätten-Assoziation durchaus naheliegend. Der Installationskünstler Via Lewandowski setzt sich in seinen Arbeiten auch mit Stereotypen des Eigenen und Fremden auseinander. Seine Werke kommen Momentaufnahmen einer gesellschaftlichen und urbanen Umwandlung der deutschen Heimat gleich (Arbeiten zu Berlin) oder sind Indizien für die eigenen Adaptionsprozesse an eine fremde Kultur (Arbeiten zu Peking). Als typischer Ausdruck deutscher Alltagskultur gehört die Schwarzwälder Kuckucksuhr zu den wohl beliebtesten Souvenirartikeln, die auch in der islamischen Welt weite Verbreitung fanden. Doch entgegen der Lesegewohnheit erscheint zur vollen Stunde kein Kuckuck aus dem Türchen, sondern ein kleiner Lautsprecher, aus dem der elektronisch aufgenommene Gebetsruf des Muezzins erschallt. Mit diesem Kunstgriff wird das Phänomen Kuckucksuhr förmlich von innen »ausgehöhlt« und mit subtiler Komik auf den Wandel der deutschen Gesellschaftsstruktur hingewiesen. Der »Brutkasten« zeichnet somit den Prozess nach, wie das Fremde sich des Eigenen bemächtigt. Dass dabei der Kuckuck, dessen Name seit dem 16. Jahrhundert euphemistisch für Teufel gebraucht wird (»Zum Kuckuck!«), dem eindringlichen Ruf des Muezzins weichen muss, lässt weitere assoziative Deutungen zu. Literatur: Brigitte Heck und Schoole Mostafawy, »Brutkasten«. In: Badisches Landesmuseum Karlsruhe. 100 Objekte - 100 Geschichten. Dem Fremden im Eigenen auf der Spur, hrsg. vom Badischen Landesmuseum, bearb. von Schoole Mostafawy, Karlsruhe 2014, S. 124, Kat. 95; Neobiota. Fragmente des Missverstehens: Peking (= Ausstellungskatalog ZKM Karlsruhe), Ostfildern-Ruit 2006; Neue Heimat - Berlin Contemporary (= Ausstellungskatalog Berlinische Galerie. Landesmuseum für Mod
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